Huawei hat mit dem Mate 20 Pro ein neues Topmodell enthüllt. Wird es die Nummer 1? Funktioniert die Gesichtserkennung? COMPUTER BILD macht den Test!
Testfazit: Das müssen Sie wissen
Mit dem Mate 20 Pro setzen die Chinesen die hauseigene Messlatte wieder ein Stück höher. Das 6,4-Zoll-Display ist riesig, scharf und liefert tolle Farben und Kontraste, lediglich die Helligkeit enttäuscht. Der neue Super-Prozessor ist schnell und sparsam zugleich, was zu einer bemerkenswert hohen Akkulaufzeit führt. Und dann wäre da noch die starke Dreifach-Kamera mit Besonderheiten wie dem besonders nahen Makro-Modus und Video-Echtzeitfiltern, die die verbesserte KI ermöglicht. Ebenfalls gut: Der Speicher lässt sich erweitern, das Mate ist erstmals wasserdicht und lässt sich drahtlos laden.
Pro
- Riesiges scharfes Display
- Schnelles Bedien- und Arbeitstempo
- Ausdauernder Akku und 40-Watt
- Schnellladung
- Gute Triple-Kamera mit Weitwinkel
- Verbesserte KI
- Wasserdicht
- Speicher erweiterbar
Kontra
- Hoher Verkaufspreis
- Display etwas dunkel
- Fotoqualität bei wenig Licht (ohne Nachtmodus)
Weihnachten ist erst am 24. Dezember? Weit gefehlt! Ob iPhone XS Max, Google Pixel 3 XL, Samsungs Galaxy A9 – die Hersteller lassen es diesen Herbst in Sachen Smartphone mal so richtig krachen. Auch China-Riese Huawei ist mit dem Mate 20 (799 Euro) sowie der Premium-Variante Mate 20 Pro an Bord – die beiden Mega-Telefone sind inzwischen erhältlich. Was genau macht das Topmodell zum Pro und wie schlägt es sich gegen die Elite-Konkurrenten und das starke Huawei P20 Pro? Patzt das Mate 20 Pro bei der Gesichtserkennung? COMPUTER BILD wollte es im Labor genau wissen. Der Test!
Huawei Mate 20 Pro: Design
„Ist das nicht ein Samsung Galaxy S9+?“ Eine Frage, die unweigerlich aufkommt, wenn man das Huawei Mate 20 Pro erstmals in den Händen hält. Denn das neue Smartphone der Chinesen sieht dem Top-Handy aus Südkorea zum Verwechseln ähnlich. Doch der Reihe nach: Die Rückseite besteht aus links und rechts leicht abgerundetem Glas – dadurch liegt das Mate 20 Pro besonders gut in der Hand. Typisch für Glas sind Fingerabdrücke schnell überall sichtbar und das Mate ist gerade bei schwitzigen Händen extrem rutschig. Ein hoher Preis für so viel Eleganz. Glücklicherweise denkt man bei Huawei mit und legt eine durchsichtige Silikonhülle in die Verkaufsbox dazu.
Wer das hochwertig verarbeitete und ohne ein überschüssiges Pfund ausgestattete Handy lieber pur in der Hosentasche hat, sollte sich die grünen und blauen Varianten näher anschauen. Hier wurde das Glas mit einer kleinen Schutzschicht überzogen, die leicht angeraut ist und mit seinen langen Streifen an ein Spinnennetz erinnert. So ungewöhnlich die Spider-Man-Optik auch aussehen mag, so griffig ist sie. Erstaunlich sind beim Blick auf den eingebauten Mega-Akku (dazu mehr unter „Hardware“) die kompakten Maße: Das nach dem IP68-Standard wasserdichte Mate 20 Pro (30 Minuten in bis zu zwei Metern Tiefe) misst gerade mal 157×73,1×9,5 Millimeter bei lediglich 189 Gramm. Das iPhone XS Max wiegt fast 20 Gramm mehr und ist noch etwas größer.
Huawei Mate 20 Pro: Display
Auch von vorne könnte das Mate 20 Pro ein Zwillingsbruder vom S9+ sein, allerdings ist das Display mit 6,4 Zoll beim Mate um 0,2 Zoll größer und besitzt eine sogenannte Notch. In der Ausbuchtung am oberen Bildschirmrand verstecken sich neben der Frontkamera auch ein Lichtsensor und Infrarot-Empfänger für den Gesichtsscan (siehe unten). Die Samsung-typische Edge-Kante findet sich aber überraschenderweise auch im neuen Huawei wieder, jedoch ohne nennenswerte Zusatzfunktion. Sie ist vielmehr als optischer Leckerbissen gedacht.
Gutes Stichwort! Denn der lang gezogene 19,5:9-Bildschirm ist ebenfalls ein wahrer Leckerbissen: Das riesige OLED-Panel sorgt dank HDR 10 für natürlich wirkende Farben (Farbtreue von 98 Prozent) und hohe Kontraste (8.272:1). Die Helligkeit könnte aber höher sein (640,4 Candela pro Quadratmillimeter). Mit seiner QHD+-Auflösung von 3120×1440 Pixeln ist das Display knackig scharf; 545 Pixel tummeln sich pro Zoll auf dem hervorragenden Bildschirm. Interessant: Unter dem Displayglas verbirgt sich ein Fingerabdrucksensor. Ist der innerhalb einer Minute einmal angelernt, funktioniert er ähnlich gut wie die klassischen Fingersensoren. Wer auf dem Smartphone gerne Filme oder Serien schaut, kommt voll auf seine Kosten – die Stereo-Lautsprecher sind laut und liefern einen guten Klang.
Huawei Mate 20 Pro: Patzt der Gesichtsscan?
Huawei setzt wie bei den aktuellen iPhones auf einen Gesichtsscan, der Infrarotpünktchen auf das Gesicht projiziert und das Muster mit dem des registrierten Benutzers vergleicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Personen das Gerät entsperren können, soll bei 1.000.000:1 liegen. Nach einem Bericht von AndroidPit verlor das Huawei P20 Pro bei zwei ähnlich aussehenden Redakteuren aber den Überblick und entsperrte das Handy. Obwohl sich die Redakteure von Frisur und Bart ähneln, sollte das natürlich nicht sein. Ein zweites Gerät mit gleichem Softwarestand brachte das gleiche Phänomen. Man sei im Austausch mit Huawei. Dort ist ein Software-Update im Gespräch. Apple etwa räumt bei Face ID Schwächen bei Familienmitgliedern und insbesondere bei Geschwistern ein. Das trifft im Fall der beiden Redakteure nicht zu. COMPUTER BILD hat das Mate 20 Pro auf den Kollegen Mathias Otten angelernt, von dem wir einen präzise nachempfundenen Kunstkopf besitzen. Mit dem Kunstkopf war es uns nicht möglich, das Mate 20 Pro zu entsperren. Ein zum Vergleich getestetes Huawei Mate 20 Lite versagte übrigens in dieser Konstellation. Das auf Mathias Otten angelernte Mate 20 Lite entsperrte sich beim Anblick des Kunstkopfes. Der Grund ist eine vereinfachte Technik bei der Gesichtserkennung. Beim Mate 20 Pro konnten wir bislang keine Schwächen nachweisen, außer dass es sich auf einen Kunstkopf anlernen lässt. Temperatur oder Pupillenbewegungen werden also offenbar nicht als Merkmal mit einbezogen. Das gilt aber auch für Face ID.
Huawei Mate 20 Pro: Hardware
Unter der Haube zeigen die Chinesen ihre inzwischen große Stärke. Der eigens entwickelte Kirin-980-Prozessor (2×2,6, 2×1,92 und 4×1,8 Gigahertz) macht das Mate 20 Pro im Verbund mit den 6 Gigabyte Arbeitsspeicher zu einem echten Tempo-Monster. Das Gerät ist das derzeit schnellste Android-Smartphone auf dem Markt. Nur die neuen iPhones sind noch etwas schneller. Das hat seinen Grund: Als erster Android-Hersteller nutzt Huawei beim Kirin 980 das neue 7-Nanometer-Fertigungsverfahren. Was einfach übersetzt bedeutet, dass der Chip noch kleiner als bei der Konkurrenz ist (bislang 10 Nanometer) und dadurch weniger Energie benötigt – zumindest in der Theorie.
Und tatsächlich: In der Praxis rennt das Mate 20 Pro mit seinem 4.200-Milliamperestunden-Akku regelrecht davon. Im intensiven Nutzungsmix verabschiedete es sich erst nach 16 Stunden und 44 Minuten. Ein unglaublicher Wert, von dem das iPhone XS Max (zehn Stunden und 48 Minuten) und das Galaxy S9+ (13 Stunden und 31 Minuten) nur träumen können. Ebenso stark ist die überarbeitete Schnellladefunktion, dank der sich das Pro mit bis zu 40 Watt innerhalb von gut einer Stunde voll auflädt. Kleiner Vergleich: iPhone XS und XS Max dümpeln mit dem beigelegten Netzteil bei sieben Watt vor sich hin. Auch neu: Anders als das P20 Pro lässt sich das Mate kabellos laden – und es lädt sogar das iPhone und alle anderen Qi-fähigen Geräte drahtlos auf, wenn man es auf die Rückseite legt. Eine echte Innovation!
Huawei P20 Pro: Neues Speicherkarten-Format
Anders als bei der P-Reihe lässt sich der interne Speicher von 128 Gigabyte (112,8 Gigabyte frei verfügbar) beim Mate erweitern. Dafür ist allerdings eine neue Art von Speicherkarte nötig, die genauso groß ist wie eine Nano-SIM: die NM-Card von Huawei mit 64, 128 oder 256 Gigabyte an zusätzlichem Speicher. Die chinesische Eigenentwicklung kommt überraschend, wo sich in den letzten Jahren mit der microSD endlich ein einheitlicher Standard durchgesetzt hat. Warum macht Huawei dann eine neue Karte, wo Eigenkreationen wie Sonys Memory Stick seinerzeit kläglich scheiterten? Alles eine Frage des Platzes! Gegenüber COMPUTER BILD sagte Huawei, dass der Platz für den großen Akku und die vier Antennen genutzt wird. Die liefern sowohl im LTE-Netz (Cat. 21 bei 1,3 Gigabit pro Sekunde) und im WLAN (bis zu 1,7 Gigabit pro Sekunde, 2,4 und 5 Gigahertz) starke Messergebnisse.
Huawei Mate 20 Pro: Kamera
Auch bei der quadratisch angeordneten Dreifach-Kamera hat sich einiges getan: Der Monochrom-Sensor fliegt raus – Schwarz-Weiß ist allerdings noch als Filter an Bord – und macht für eine Super-Weitwinkelkamera (20 Megapixel bei 16 Millimetern Brennweite) Platz, die nun erstaunlich nahe Makroaufnahmen (gut 2,5 Zentimeter) ermöglicht. Dazu gesellen sich die vom P20 Pro bekannte 40-Megapixel-Linse (27 Millimeter) und ein dreifacher optischer Tele-Zoom (8 Megapixel bei 83 Millimetern). Die Kameraqualität ist mit vielen Details und satten Farben ähnlich gut wie beim P20 Pro, allerdings auch nicht besser. Das iPhone XS und das Google Pixel 3 haben hier die Nase vorn. Bei wenig Licht macht sich der fehlende Monochrom-Sensor bemerkbar. Wer nicht mit dem Nachtaufnahme-Modus fotografiert (bis zu sechs Sekunden Langzeitbelichtung ohne Stativ möglich), verliert im Vergleich zum P-Ebenbild etwas an Details. Dagegen liefert die Vorderkamera (24 Megapixel) durchweg gute Ergebnisse.
Huawei Mate 20 Pro: Künstliche Intelligenz
Der eigentliche Clou der Kamera ist jedoch weiterhin die künstliche Intelligenz (KI). Die hat Huawei abermals überarbeitet und bietet nun eine noch bessere Erkennung von Motiven mit mehr Szenarien und mehr Einstellungen. Erkennt das Mate 20 Pro etwa einen Hund, schaltet es sofort in den passenden Modus mit optimalen Bildeinstellungen. Wie Apple mit seiner neuen Smart-HDR-Technik zerlegt der KI-Chip das Bild im Bruchteil einer Sekunde in bis zu zehn Einzelteile und optimiert jedes Puzzlestück automatisch.
Auch der Autofokus wurde durch die KI verbessert, da der smarte Helfer echte Menschen erkennt und diese dann nicht mehr aus den Augen verliert. Deshalb ist auch der spannende Kino-Modus erst möglich: Dank verschiedener Filteroptionen lässt sich das aufgenommene Video (maximal 4K bei 30 Bildern pro Sekunde möglich) in Echtzeit verändern. Spektakulär ist vor allem der „Portrait Color“-Modus: Während der Mensch farbig bleibt, färbt die KI den Rest in Schwarz-Weiß ein. Das ist technisch beeindruckend und sieht dazu originell aus.
Huawei Mate 20 Pro: Preis, Release und Vorbestellen
Das Mate 20 Pro ist ab sofort überall für 999 Euro erhältlich. So teuer war noch kein Huawei-Smartphone! Zum Vergleich: Damit ist es 250 Euro günstiger als das iPhone XS Max und ähnlich teuer wie das Samsung Galaxy Note 9 zum Verkaufsstart im August. Auch wenn das Huawei P20 Pro im Vergleich zu anderen Android-Handys in den ersten Monaten nach dem Erscheinen keinen großen Preisverfall hatte, könnte sich etwas Geduld trotzdem lohnen, da auch das Mate 10 Pro schnell im Preis sank. In ein paar Wochen könnten 800 Euro realistisch sein.
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