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Erste Schulen machen schon wieder zu
Lehrerverbände und Elternvertreter hatten vor Chaos im neuen Schuljahr gewarnt: Gelingt die Rückkehr in den "Regelbetrieb" trotz Corona? Nach einer Woche Schule im ersten Bundesland scheinen sich manche Befürchtungen zu bestätigen.
Berlin/Schwerin (dpa) - Nur wenige Tage nach Beginn des neuen Schuljahrs sind in Mecklenburg-Vorpommern zwei Schulen bereits wieder geschlossen worden.
Eine Grundschule in Graal-Müritz (Landkreis Rostock) bleibt wegen eines mit Corona infizierten Schülers zwei Wochen zu, ein Gymnasium in Ludwigslust mit rund 800 Schülern wird bis einschließlich Mittwoch kommender Woche geschlossen, nachdem eine Lehrerin positiv getestet wurde.
Mit Sorge richten sich die Blicke jetzt auch auf andere Bundesländer, wo die Schule in der kommenden Woche wieder beginnt. Darunter ist das bevölkerungsreichste Land Nordrhein-Westfalen.
LEHRERVERBAND FORDERT ALS KONSEQUENZ: MASKE IM KLASSENZIMMER
Der Deutsche Lehrerverband forderte angesichts der Schließungen im Nordosten angepasste Hygienemaßnahmen in den Schulen in ganz Deutschland, die über die bisherigen Konzepte hinausgehen. Seiner Ansicht nach sollten alle dem Weg Nordrhein-Westfalens folgen, das als einziges Bundesland bisher eine Maskenpflicht für ältere Schüler auch im Unterricht plant.
In vielen Ländern sind Masken zwar in der Schule, aber nicht am Platz im Klassenraum vorgesehen. Masken im Unterricht seien "zwar nicht ideal für ein lebendiges Unterrichtsgeschehen", sagte Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger der Deutschen Presse-Agentur, "aber ein Opfer, das zu bringen ist, wenn wir wieder vollständigen Unterricht haben wollen, zumindest befristet, solange die Infektionszahlen in Deutschland weiter steigen".
KRITIK AN KOMPLETTEN SCHLIESSUNGEN IN MECKLENBURG-VORPOMMERN
Die positiv getestete Lehrerin an dem Gymnasium in Ludwigslust, rund 40 Kilometer südlich von Schwerin, hatte nach Angaben von Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsministerin Bettina Martin (SPD) zwar in der ersten Schulwoche keinen Unterricht erteilt, vor Schulbeginn aber an einer Fortbildung teilgenommen. Umfassende Tests sollten nun zeigen, ob dabei auch andere Lehrer angesteckt wurden. An der zweiten betroffenen Schule, der Grundschule in Graal-Müritz, wurden vorsorglich alle Kinder, Lehrer und Mitarbeiter in Quarantäne geschickt.
Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg äußerte sich kritisch zu dem Vorgehen. "Wenn ein Schüler oder ein Lehrer infiziert ist, darf es auf keinen Fall dazu führen, dass sofort die ganze Schule zugemacht wird", sagte er am Freitag im Sender "Welt". Das sei nicht das Vorgehen, wie es in den nächsten Wochen und Monaten stattzufinden habe. Schmidt-Chanasit gehört zu einer Gruppe namhafter Virologen, die in einer am Freitag verschickten Stellungnahme, Vorschläge für die Gestaltung des Schulbetriebs machten.
KLEINGRUPPEN, LÜFTEN UND LÄNGERE FERIEN
Dazu gehört beispielsweise, die Klassengrößen abhängig von der Zahl der Neuinfektionen zu reduzieren. Zudem sollten aus virologischer Sicht feste Kleingruppen definiert werden mit möglichst geringer Durchmischung der Gruppen im Schulalltag. Die Wissenschaftler sprechen sich außerdem "aus alleiniger virologischer Sicht", wie es einschränkend heißt, für das "konsequente Tragen von Alltagsmasken in allen Schuljahrgängen auch während des Unterrichts" aus.
"Dies sollte begleitet werden durch eine altersgerechte Einführung der Kinder in die Notwendigkeit und den Umfang von Präventionsmaßnahmen", heißt es. Wichtig ist aus Sicht der Virologen auch, dass "pragmatische Lösungen für einen verbesserten Luftaustausch" in den Schulen gefunden werden.
Sollte es gegen Jahresende zu einem kritischen Anstieg der Neuinfektionen kommen, und dabei auch Bildungseinrichtungen eine Rolle spielen, bringen die Virologen auch eine Ausdehnung der Weihnachtsferien ins Spiel, um die Zeiten mit höchster Infektionsaktivität zu verringern. In dem Schreiben warnen die Experten auch "vor der Vorstellung, dass Kinder keine Rolle in der Pandemie und in der Übertragung spielen". Eine Unterschätzung der Übertragungsgefahren an Schulen wäre kontraproduktiv für das kindliche Wohlergehen und die Erholung der Wirtschaft.
VORSICHT IST DIE MUTTER DER PORZELLANKISTE Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Kevin Kühnert verteidigte das harte Vorgehen in Mecklenburg-Vorpommern mit sofortigen Schulschließungen. Er glaube, da sei Vorsicht die Mutter der Porzellankiste, sagte er am Freitag bei "Welt". "Jetzt lieber ein bisschen überreagieren, falls es sich so im Nachhinein herausstellen sollte (...) Wir wollen alle nicht verantworten, dass wir einen unkontrollierten Ausbruch haben, der zu einem zweiten Lockdown führt."