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Hacker sollen Impfstoff-Forscher ins Visier genommen haben
Medizinische Forschungseinrichtungen gehören nicht zu den klassischen Zielen der berüchtigten Hacker-Truppe "The Dukes". Doch in der Coronakrise sind Informationen zu möglichen Impfstoffen ein Schatz und dienen auch den mutmaßlichen staatlichen Auftraggebern.
London (dpa) - Britische Behörden werfen Hackern vor, im Auftrag Moskaus weltweit Cyber-Spionage bei Impfstoff-Forschern zu betreiben. Das geht aus einer Mitteilung des britischen Zentrums für Cyber-Sicherheit NCSC (National Cyber Security Centre) hervor.
Demnach versucht eine Hacker-Gruppe, die unter dem Namen "APT29" oder auch "Cozy Bear" und "The Dukes" bekannt ist, seit Beginn der Coronavirus-Pandemie unter anderem von Organisationen in der Forschung und Entwicklung von Impfstoffen "wertvolle Daten" zu stehlen. Die Gruppe operiere "beinahe sicher" als Teil von russischen Geheimdiensten, hieß es in einer NCSC-Mitteilung. Diese Einschätzung werde auch von Behörden in den USA und Kanada geteilt.
Der britische Außenminister Dominic Raab verurteilte die angeblichen Cyber-Attacken. "Es ist vollkommen inakzeptabel, dass russische Geheimdienste diejenigen angreifen, die daran arbeiten, die Coronavirus-Pandemie zu bekämpfen", sagte Raab einer Mitteilung zufolge. Er rief Moskau auf, die Spionageaktivitäten zu beenden.
Russland wies die "ohne Beweise" vorgebrachten Anschuldigungen als "Propaganda" zurück. Russland beteilige sich international aktiv am Kampf gegen das Coronavirus, auch an den Initiativen Großbritanniens, teilte die russische Botschaft in London mit. "Als Antwort bekommen wir Anschuldigungen, dass wir versucht haben sollen, Informationen über einen Impfstoff zu stehlen."
Moskau habe London zudem im Fall von Gefahren für die Cybersicherheit stets den Dialog angeboten. Dafür gebe es das eigens geschaffene russische Nationale Koordinierungszentrum für Computer-Zwischenfälle, teilte die Botschaft mit. Über die offiziellen Kanäle habe es aber nie Anfragen zu etwaigen Attacken aus Russland gegeben.
Russland hat nach Regierungsangaben einen eigenen Impfstoff entwickelt, der bereits erste klinische Tests bestanden habe. Die Regierung hatte zuletzt mitgeteilt, dass im Herbst mit der Massenproduktion begonnen werde. Der Chef des staatlichen Fonds für Direktinvestitionen, Kirill Dmitrijew, sagte am Donnerstag vor Journalisten, dass die russische Bevölkerung bis Anfang kommenden Jahres durchgeimpft sein werde.
Am Abend sagte er der Agentur Interfax zufolge dem britischen Sender Times Radio, dass Russland keinen Anlass habe, einen Impfstoff zu stehlen. Allerdings meinte er da überraschend auch, dass Russland mit dem Pharmakonzern AstraZeneca in Großbritannien über die Herstellung eines Impfstoffes verhandele. Es handele sich dabei um eine Entwicklung aus Oxford, die in Russland vom Hersteller R-Pharm produziert werden solle.
Artturi Lehtiö, Forscher beim finnischen Sicherheitsspezialisten F-Secure, sagte, dass diese Art von Organisationen keine traditionellen Ziele für "The Dukes" seien. Die Angriffe stünden im Einklang mit der Ausrichtung der Gruppe auf nationale Sicherheitsinteressen - zu denen die Coronavirus-Pandemie zweifellos zähle.
Das plötzliche Interesse von "The Duke" am Diebstahl geistigen Eigentums könne aufgrund der Schwere der Pandemie in Russland eine Verschiebung ihrer Prioritäten signalisieren. "Covid-19 könnte für Russland eine so wichtige nationale Sicherheitspriorität sein, dass alle Hände mit anpacken müssen."