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Hack my car: Mit Android das eigene Auto auslesen
Durch die Elektronik überwacht ein modernes Auto viele seiner Funktionen. Ein Diagnosegerät ist für den Techniker unentbehrlich. Per Handy können Sie es ihm gleichtun.
In der Vernetzung von Auto und Smartphone sind durch das Vorhandensein einer Schnittstelle (OBD) in so gut wie jedem Auto, gut dokumentierte Kommunikationsprotokolle und billigen Adapter (Bluetooth-zu-ODB2) in Kombination mit den Smartphones neue Möglichkeiten geschaffen worden. In diesem Artikel möchten wir Ihnen darstellen, wie Sie die neuen Chancen nutzen.
Die US-amerikanische Abgasgesetzgebung sorgt bei vielen PKW-Herstellern für Missfallen. Die starke Konzentration auf Stickoxid-Emissionen führt zur Produktion von Fahrzeugen, bei denen es nicht so sehr auf den Verbrauch ankommt. Darüber hinaus nervten die Amerikaner vor allem europäische Hersteller schon seit Längerem mit der Pflicht zum Einbau von Standard-Diagnose-Schnittstellen. Bis in die 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts fertigte jeder Produzent - wenn es denn eine elektronische Motorsteuerung gab - seine eigene Kombination aus Protokollen, Steckern und Signalpegeln. Danach bestimmte das CARB (Californian Air Ressource Board) ab dem Jahr 1991 den kleinsten gemeinsamen Nenner im Hinblick auf die Diagnosefähigkeit. OBD-II wurde 1996 mit den handelsüblichen trapezförmigen Steckern (16-polig) eingeführt, ab 2001 hielt es Einzug in Europa. Die Einführung des einheitlichen US-amerikanische Verfahren beanspruchte weitere Investitionen und Entwicklungsaufwand. Darüber hinaus wurde jedes einzelne Auto durch die zusätzlich installierten Komponenten teurer. Seither erfolgten eine Reihe von Modifikationen an Pinbelegungen und Protokollen, die wir später beleuchten möchten. Inzwischen ist OBD2 so weit verbreitet, dass die verwendeten Chips in Tausenderpaketen unter drei Euro zu haben sind.
Schnittstelle kostet weniger als 20 Euro
Wir wollen uns in diesem Text auf den ELM327 konzentrieren. Der Chipsatz stammt von dem Entwickler ELM Electronics aus Kanada, der vor allem für den halb-professionellen Sektor, also für kleine unabhängige Werkstätten, geeignet ist. Hier werden keine besonderen Anforderungen an Verlässlichkeit, Datendurchsatz und Echtzeitfähigkeit gestellt. Im Klartext: Sämtliche Anwendungen, bei denen es nur um mit kurzen Nachrichten zu verändernde Einstellungen (Löschen von Fehlercodes, das Aktivieren von Peripherie wie CD-Wechsler, das Setzen der Uhrzeit) oder das Auslesen von Fahrzeuginformationen geht, sind die Hauptaufgabe dieses Chips. Alle zwischen 1996 und 2008 spezifizierten Protokolle implementiert er im Hinblick auf die einzelnen Modelle und deckt auf diese Weise wohl 95 % des kompletten PKW-Bestands ab. Daneben stellt er eine serielle RS232-Schnittstelle zur Verfügung, die in heutigen Tagen kaum ein Rechner, geschweige denn ein Tablet oder Smartphone, aufweist. Daher gibt es Kombinationen mit einem Bluetooth-Chipsatz oder einem Konverter (USB-Seriell). Längst schwappen vom ELM327 Millionen chinesischer Kopien nach Amerika und Europa. Hierbei kann nicht immer ermittelt werden, ob es sich um einen (illegalen) Klon des gesamten Dies oder um eine (legale) Blackbox-Entwicklung handelt, die nur das ELM327-Protokoll neu implementiert.
Protokolle vereinheitlicht
Die Entwickler von Apps und Anwendungen haben den Vorteil, dass es sich bei der Kommunikation zwischen Tester und Fahrzeug um ein einheitliches System handelt. Von der US-amerikanischen wie von der europäischen Behörde der Abgasgesetzgebung werden besondere Antwort- und Nachrichtenformate für abgasrelevante Mess- und Fehlerwerte vorgeschrieben. Hierzu gehören Drosselklappenstellung, Ansauglufttemperatur, Drehzahl, Geschwindigkeit, Kühlmitteltemperatur Lambdasonden-Spannung und Luftmasse. Darüber hinaus können zahlreiche weitere Werte wie Katalysatortemperaturen, Status der Batterie bei Hybriden, der Kraftstoffdruck im Commonrail und einige mehr freiwillig bereitgestellt werden. Auf diese Weise lassen sich schon mit diesen auf allen Fahrzeugen abrufbaren Werten Tablet- oder Smartphone-Apps entwickeln, die attraktive Zusatzanzeigen für Kühlmitteltemperaturen oder Ladedruck bereitstellen - anstelle der Warnlampen für die Überschreitung eines Sollwertes im Fahrzeug. Die Investition in Adapter und App kann schon durch diese zusätzliche Funktionalität gerechtfertigt werden.
Günstige Diagnose
Mit dem Smartphone ergeben sich gerade für Hobbybastler günstige Diagnosemöglichkeiten. Wenn ein Fehler auftritt, der durch die Kontrollleuchte des Motors signalisiert wird, helfen die zahlreichen Apps zur Fehlerdiagnose bei der Eingrenzung. Die frei verfügbaren Fehlercodes werden durch die kostenlosen Apps meist erkannt. Diese machen die abgasrelevanten Ursachen für das Aufleuchten des Lämpchens aus. Die Apps, welche die zusätzlichen, herstellerspezifischen Codes kennen, sind für wenige Euro erhältlich.
Das Fahrzeug mit Torque auslesen
Torque ist eine weitverbreitete Lösung zum Auslesen von Fehlercodes und zum Monitoring von Fahrdaten. Die Plugin-Fähigkeit erleichtert Android-Programmierern die Entwicklung und gestattet Erweiterungen. Torque kann in einer Gratis-Version, die mit Werbung versehen ist, und einer kostenpflichtigen Variante für 3,55 Euro mit größerem Funktionsumfang bezogen werden. Die kostenlose Variante genügt für die ersten Tests mit einem ELM327-Bluetooth-Adapter.
Chiptuning: Kostenpunkt 39 Euro?
Hin und wieder erscheinen bei eBay und anderen Marktplattformen Flash-Werkzeuge, die es zu einem guten Preis ermöglichen, auf die Schnelle mit dem Rechner die Software des Steuergerätes auszutauschen und ohne weitere Eingriffe rund 20 % Mehrleistung aus aufgeladenen Motoren herauszuholen. Das Prozedere entspricht mutmaßlich dem bekannten Chiptuning: Unmittelbar über den Stecker des Steuergerätes des Motors oder die ECU-OBD-Schnittstelle wird das Kennfeld ausgelesen und modifiziert neu eingespielt. Die Nachteile allzu pragmatischer Verfahren, die in den Kabelstrang eingreifen und die Messwerte zwischen Sensor und Steuergerät ständig verändern, gibt es bei dieser Methode nicht: Schwierigkeiten bei Abgasuntersuchungen, ungenügende Diagnosefähigkeit und das zusätzliche Steuergerät, das die Betriebserlaubnis außer Kraft setzt (ungünstig bei Unfallgutachten und Verkehrskontrollen). Auch wenn sich ein auf der beiliegenden CD abgelegtes oder aus dem Internet bezogenes Kennfeld auf das Steuergerät laden lässt, bedeutet das nicht, dass es bis in die letzte Einzelheit stimmt. Ist das neue Kennfeld mit der gleichen Form des Brennraums kompatibel? Sind Kat und Turbolader dem Referenz-PKW gemäß? Ist die Identität des Fabrikats und die Verdichtung der Einspritzdüsen übereinstimmend? Seriöse Tuner stellen die Autos ihrer Kunden auf den Leistungsprüfstand und kontrollieren die Einhaltung der Abgasgrenzwerte. Denn ansonsten hat der Besitzer des Wagens höchstens zwei Jahre - bis zur nächsten AU - Freude an seinem Chiptuning. Meist ist dieser aber viel eher zu Ende: Viele Diesel ab 2.0 Liter können zwar eine Steigerung der Leistung von gut 20 % zulassen und was den Antrieb anbelangt auch vertragen. Besonders Achswellen, Kupplung und Getriebe weisen aber nicht immer eine ähnliche Leistungsbereitschaft auf.
Fazit
Für die Präzisierung von Navigationsanwendungen eröffnen sich gerade in Kombination mit den Sensoren eines Smartphones viele Möglichkeiten. Auf diese Weise kann das Auslesen der tatsächlichen Geschwindigkeit entscheidend dabei helfen, auch im Tunnel die Position zu bestimmen. Durch die Kenntnis eines Streckenprofils werden bessere Schaltempfehlungen gegeben, als es bisher der Fall ist. Auch das Spritsparen ist eine gute Anwendung. Selbstverständlich kann auch die Kombination aus Adapter und App dazu verwendet werden, die Lateral-Beschleunigungen der neuen Niederquerschnitts-Reifen auszutesten oder die theoretischen 0 bis 100er Zeiten des Familiendiesels noch um zwei Zehntel zu unterbieten. Auch die Fehlerdiagnose oder das Mitloggen der Fahrstrecke kann einen Nutzen haben.