Nach mehreren Milliardenstrafen will der Such- und Werbekonzern weiteren EU-Maßnahmen zuvorkommen. Nach Öffnung des Google Play Store offeriert Google den Nutzern Alternativen. Noch kommt die Auswahl aber nicht bei allen Anwendern an.
Google bietet Android-Nutzern an, sich für einen Webbrowser sowie eine Suchmaschine ihrer Wahl zu entscheiden. Das gilt nicht nur bei der ersten Konfiguration eines neuen Geräts, sondern kommt auch bei Bestandskunden an. Dabei erscheint nach Öffnung des Google Play Store eine Liste von alternativen Suchanbietern und Browsern. Der Suchkonzern setzt das zunächst nur sukzessive um, denn von dieser Wahlmöglichkeit erfahren derzeit noch nicht alle Anwender.
„Du kannst für dein Gerät zusätzliche Suchdienste auswählen“, heißt es, wenn die Benachrichtigung ankommt. Zur Wahl gestellt werden dann fünf Suchmaschinen in offenbar zufälliger Reihenfolge, zu denen neben Google auch weniger bekannte Dienste gehören. In ähnlicher Weise ist aus verschiedenen Webbrowsers als Alternative zu Chrome zu wählen.
Angekündigt wurde die Auswahl schon vor Monaten mit einem Blogbeitrag, mit dessen Titel Google die „Unterstützung von Auswahl und Wettbewerb in Europa“ versprach. Anders als der Titel nahelegte, dürfte Google jedoch weniger Interesse an Wettbewerb und Auswahl in Europa haben, sondern eher an der Vermeidung einer erneuten Strafzahlung an die EU interessiert sein. Dass die Europäische Kommission wenig zimperlich mit marktbeherrschenden Konzernen umgeht, bewies sie in der Vergangenheit schon mehrfach. Windows-Nutzer könnten sich an eine Auswahlbox erinnern, die Microsoft auf Drängen der EU ab 2009 bereitstellen musste.
Im Juli 2018 verurteilte die EU Googles Mutterkonzern Alphabet zu einer Milliarenzahlung – der Vorwurf lautete, Google habe die marktbeherrschende Stellung seines mobilen Betriebssystems Android ausgenutzt, um dem Wettbewerb zu schaden. Laut EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager ging es um drei Formen illegaler Beschränkung in der Nutzung von Android. Auf diese Weise habe Google die Dominanz seiner Suchmaschine gefestigt und den Konkurrenten die Chance verwehrt, innovativ zu sein und zu konkurrieren. Da es gegen das europäische Kartellrecht verstoße, müsse Google dieses Verhalten einstellen. Die angekündigte Auswahlbox für Browser und Suchmaschinen steht damit in unmittelbaren Zusammenhang zum letztjährigen Urteil.
Google entspricht der Forderung nach Browser- und Suchmaschinen-Auswahl, nachdem die EU-Kommission bereits drei milliardenschwere Geldbußen gegen den Such- und Werbekonzern verhängt hat. Im Juni 2017 fielen 2,42 Milliarden Euro wegen Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung der Google-Suchmaschine durch unzulässige Vorzugsbehandlung des eigenen Preisvergleichsdiensts an. Im Juli 2018 kamen dann 4,34 Milliarden Euro gegen Google hinzu – wegen illegaler Praktiken bei Android-Mobilgeräten zur Stärkung der beherrschenden Stellung der Google-Suchmaschine. Im März dieses Jahres verhängte die Europäische Kommission eine zusätzliche Geldbuße wegen Wettbewerbsbehinderung in Höhe von 1,49 Milliarden Euro, gegen die Google letzte Woche Einspruch einlegte.
Darüber hinaus droht Google eine weitere formelle Untersuchung der EU, bei der es um die Nutzung persönlicher Daten für Werbezwecke geht. Nach einer Beschwerde des Browseranbieters Brave begann die irische Datenschutzbehörde zu prüfen, ob die Datensammlung gegen die Datenschutz-Grundverordnung verstößt. Google bestritt jegliches Fehlverhalten.
Inzwischen scheinen auch die US-Behörden aufzuwachen, die bislang ebenso wie die Politik der Vereinigten Staaten Regelverstöße der Technikfirmen weitgehend ignorierten, da sie als Innovationsbringer bewundert wurden. Nach aktuellen Medienberichten wollen das US-Justizministeriums (DOJ) und die Federal Trade Commission (FTC) kartellrechtliche Untersuchungen gegen Google und Amazoneinleiten.